Der Steppenwolf
Relaxed Performance // Wiktor Bagiński (Ahmad Ali) nach Hermann Hesse // Übersetzungen aus dem Polnischen von Antje Ritter-Miller // am Sa, 14.10. als RELAXED PERFORMANCE
Mit seinem 1927 erschienenen Roman DER STEPPENWOLF erlangte der Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse nicht nur weltweiten Ruhm, sondern er erschuf mit der Hauptfigur Harry Haller auch sein eigenes Alter Ego.
Harry Haller leidet an der Zerrissenheit seiner Persönlichkeit – nicht nur zwei, sondern hunderte, ja tausende Seelen wohnen in seiner Brust. Sie stehen im Kampf miteinander und mit der ihn umgebenden Welt und blockieren Hallers persönliche und künstlerische Entwicklung. Er fühlt sich immerzu fehl am Platz, sehnt sich einerseits nach einer bildungsbürgerlich-angepassten Existenz, während seine steppenwölfische, einsame, sozial- und kulturkritische Seite immerzu gegen die herrschenden Verhältnisse rebelliert. Doch dann begegnet er Hermine und entdeckt das Magische Theater. Bietet sich hier ein Ausweg? Eine Chance auf Heilung und Versöhnung?
Ebenso wie Harry Haller empfindet sich der junge, polnische Regisseur Wiktor Bagiński (Ahmad Ali) als eine Art steppenwölfisches Doppelwesen: Aufgewachsen als Person of Colour in einer fast ausschließlich weißen Gesellschaft, erlebt er sich als Außenseiter, und als Kunstschaffender gleichzeitig als Mitgestalter einer Kultur, die nie ganz die seine zu sein scheint.
Sa, 14.10.2023 – DER STEPPENWOLF als RELAXED PERFORMANCE
Entspannt ins Theater gehen: Ab sofort bieten wir ausgewählte Vorstellungen als RELAXED PERFORMANCES an. Bei diesen Veranstaltungen herrscht eine entspannte und lockere Atmosphäre. Das Format heißt alle Besucher_innen willkommen, für die langes Stillsitzen eine Barriere darstellt, beispielsweise Menschen mit Demenz und deren Begleitpersonen, Menschen im Autismus-Spektrum, Menschen mit Tourette, Menschen mit chronischen Schmerzen oder oder oder …
Geräusche im Publikum sind ausdrücklich erlaubt, das Licht im Saal bleibt an (gedimmt), die Türen sind offen – und wer eine Pause braucht oder sich bewegen möchte, kann den Raum jederzeit verlassen und später zurückkehren. Auf der Bühne gibt es kein Stroboskoplicht und lautere Geräusche werden angekündigt.
Inhalts- und Inszenierungshinweise zu DER STEPPENWOLF als RELAXED PERFORMANCE
Lautstärke: Der Steppenwolf ist eine Mensch, der sich zerrissen fühlt zwischen dem Bedürfnis, der bürgerlichen Welt – mit ihrer Ordnung, den Regeln, der Gemeinschaft und der Struktur – anzugehören und sich gleichzeitig abgestoßen fühlt von den Konventionen, der Oberflächlichkeit, der Vergnügungssucht, der Konsumorientierung und den Zwängen derselben. Er ringt mit sich und sucht nach Halt und Erleichterung. In seiner Verzweiflung wird er manchmal laut und schimpft auf die Welt. Es kommt laute Musik zum Einsatz und an einer Stelle fällt ein lauter Schuss. Wir stellen am Einlass Ohrstöpsel zur Verfügung.
Verunsicherung, Weltschmerz, Hoffnung: Harry Haller ist vor allem eins: einsam. Er versucht zwar, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (er lebt zur Untermiete bei einer Frau und ihrem Neffen, er geht zum Essen und Trinken in Restaurants, lernt Tanzen und besucht Bälle), fühlt sich aber nie wirklich zugehörig. Er bleibt ein Steppenwolf, der außerhalb der Gesellschaft steht. Einerseits, weil er als fremdartig gekennzeichnet wird und eher beobachtet, als wirklich eingeladen wird. Außerdem, weil er sich selbst als fremdartig und nicht zugehörig erlebt. Das führt zu einer tiefgreifenden Verunsicherung, zu Depressionen und zu Weltschmerz. Er hat Suizidgedanken – aber er hat auch Hoffnung: Wenn es ihm gelingen würde, Humor zu lernen, gläubig zu werden und die höhere Ordnung hinter dem weltlichen Schmerz zu verstehen, wäre er geheilt ...
Blut: Eine der Stationen im sog. „Magischen Theater“ der Erzählung beschreibt sehr explizit eine Kriegsszene. Hier geht es thematisch einerseits darum, wie schwierig es ist, eine politische Haltung einzunehmen und eine Position zu finden: denn oft kann man, wenn man die jeweilige Perspektive von zwei streitenden Parteien einnimmt, beide nachvollziehen. Gleichzeitig geht es aber auch um den menschlichen Impuls, in Momenten der Verzweiflung die Dinge zu zerstören, die verunsichern. In der Inszenierung wird daher sehr emotional und lebendig eine Kriegsszene beschrieben, in der auf Autos und deren Fahrer_innen geschossen wird. Als Symbol für die Gewaltanwendung wird eine Pistole abgefeuert und die Büste des Dichters Goethe vergießt blutige Tränen, die Pablo und Harry Haller trinken.
Mord: Hermine ist eine Frau, die Harry Haller sehr fasziniert. Er wünscht sich, ihr nah zu sein – in Gesprächen, aber auch körperlich. Was er nicht versteht ist, dass Hermine (ebenso wie Pablo und alle anderen Gestalten, denen er begegnet) im Grunde Aspekte seiner Selbst sind. Es sind Teile seiner Persönlichkeit, mit denen er zum Teil in Konflikt steht, die er beneidet, die er ignoriert hat, oder denen er in tiefer Liebe oder Zuneigung verbunden ist. Hermine ist das weibliche Alter Ego Harry Hallers, sie ist quasi das Spiegelbild seiner inneren Zerrissenheit: Auch sie ist auf der Suche nach Gläubigkeit, nach dieser „höheren Ordnung“. Auch sie ist einsam und auf der Suche nach einem höheren Sinn. Gleichzeitig ist sie in der Lage, sich mit Leib und Seele in Leichtigkeit und Spaß zu stürzen. Sie prophezeit Harry, dass er sie töten wird – und das tut er auch. Aber: Am Ende stellt sich die Frage, ob sie überhaupt da war, oder ob Harry Haller das alles nur geträumt hat.
Drogenkonsum: Zum Eintritt ins Magische Theater nimmt Harry Haller „Substanzen“ zu sich. Im Roman wird etwas getrunken und etwas geraucht – und so halten wir es auch bei der Inszenierung.
Rassismus: In unserer Inszenierung ist Harry Haller eine Person of Colour. Der Regisseur, Wiktor Bagiński (islamischer Name: Ahmad Ali) ist ebenfalls eine PoC und er spielt in der Inszenierung stark mit Stereotypen, mit der Angst vor dem „Anderen“ und der menschlichen Eigenschaft, sich eher zu gegenseitig zu beobachten und zu bewerten, als miteinander zu reden. Er spielt mit Vorurteilen und den Zuschreibungen, mit denen die weiße, westliche Mehrheitsgesellschaft Menschen mit Migrationshintergrund belegt, unabhängig von deren Herkunft oder Sozialisation.
Video: Die Inszenierung nutzt große, vervielfachte Videoprojektionen, um die Ebene der Phantasiewelt / des Magischen Theaters zu versinnbildlichen. Insbesondere in der zweiten Hälfte der Inszenierungen kommen viele Videoprojektionen zum Einsatz.
Länge: Die Inszenierung ist textintensiv und spielt in einer sehr konzentrierten, spannungsgeladenen Atmosphäre. Es gibt längere Momente gespannter Stille und Verlangsamungen, aber auch große, atmosphärische Bilder, musikalische Untermalungen und Rhythmisierungen, und auch viele humorvolle Momente. Insgesamt ist der Abend 1 Stunde und 45 Minuten lang und es gibt keine Pause.
Hinweise für Lehrkräfte: Wie empfehlen die Inszenierung für Schulgruppen ab Klassenstufe 11. Für unsere Materialsammlung zur Vor- oder Nachbereitung des Vorstellungsbesuchs klicken Sie hier.
Mit seinem 1927 erschienenen Roman DER STEPPENWOLF erlangte der Literaturnobelpreisträger Hermann Hesse nicht nur weltweiten Ruhm, sondern er erschuf mit der Hauptfigur Harry Haller auch sein eigenes Alter Ego.
Harry Haller leidet an der Zerrissenheit seiner Persönlichkeit – nicht nur zwei, sondern hunderte, ja tausende Seelen wohnen in seiner Brust. Sie stehen im Kampf miteinander und mit der ihn umgebenden Welt und blockieren Hallers persönliche und künstlerische Entwicklung. Er fühlt sich immerzu fehl am Platz, sehnt sich einerseits nach einer bildungsbürgerlich-angepassten Existenz, während seine steppenwölfische, einsame, sozial- und kulturkritische Seite immerzu gegen die herrschenden Verhältnisse rebelliert. Doch dann begegnet er Hermine und entdeckt das Magische Theater. Bietet sich hier ein Ausweg? Eine Chance auf Heilung und Versöhnung?
Ebenso wie Harry Haller empfindet sich der junge, polnische Regisseur Wiktor Bagiński (Ahmad Ali) als eine Art steppenwölfisches Doppelwesen: ...
Schauspiel
Regie Wiktor Baginski (Ahmad Ali) // Bühne und Kostüme Stefania Chiarelli-Myslinska // Licht und Video Antoni Gralek // Komposition und Musik Ifi Ude // Choreografie Graham Smith // Dramaturgie Tamina Theiß // Mit Moses Leo (Harry Haller), Janna Horstmann (Hermine / Maria / Schaf 2), Martin Hohner (Pablo / Elvis / Schaf 1), Mary-Faye Agyemang (Ein einsamer Heimkehrer) //
Hinweise für Pädagog_innen: Wie empfehlen die Inszenierung für Schulgruppen ab Klassenstufe 11. Für unsere Materialsammlung zur Vor- oder Nachbereitung des Vorstellungsbesuchs klicken Sie [hier.]https//media02.culturebase.org/data/docs-theater-freiburg/theater_freiburg_steppenwolf.pdf
„Der Freiburger Steppenwolf: Das ist Hesse verfremdet, inszeniert als multimediales Gesamtkunstwerk mit drei glänzenden Schauspielern, die das Tempo der Inszenierung und die abrupten Rollenwechsel bewundernswert meistern.“ Reingart Sauppe, nachtkritik.de